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Der Status quo in der industriellen Qualitätskontrolle

Aktualisiert: 22. Nov. 2021

deevios CEO Damian Heimel spricht über die Probleme von manuellen Prozessen in der Fertigung und das daraus resultierende Potential für die Automatisierung in der industriellen Qualitätskontrolle und erklärt, warum traditionelle Machine Vision Verfahren nicht alle Anwendungsfälle lösen können.


Ihr habt entschieden, euch mit deevio auf ein spezifisches Problem in einem bestimmten Bereich zu konzentrieren. Warum habt ihr dafür den Bereich industrielle Qualitätskontrolle gewählt?

Europa - und hier insbesondere Deutschland – verfügt über eine große industrielle Basis. Das macht es interessant, diese auch zu nutzen und sich genau anzuschauen, wie Produktionsprozesse heute ablaufen, wie neue Technologien genutzt werden, genauso aber auch wo Technologien noch nicht genutzt werden und wo es Prozesse gibt, die noch manuell ausgeführt werden. Wir sind also in Fabriken gegangen, um uns vor Ort ein Bild zu machen. Dabei ist uns aufgefallen, dass die Realität im Jahr 2019 trotz neuer Phänomene wie predictive maintenance und digital twin ganz anders aussieht und viele Prozesse noch manuell ablaufen.

Einer der Prozesse, den wir in verschiedensten Fabriken beobachtet haben, ist die manuelle Qualitätskontrolle. Wir haben immer wieder gesehen, dass dort Menschen stehen, die entscheiden müssen, ob ein Produkt gut oder schlecht ist. In Anbetracht des Qualitätsanspruchs, den deutsche Unternehmen haben, den gerade der deutsche Mittelstand hat, hat uns das überrascht. Denn die manuelle Qualitätskontrolle bringt eine Reihe von Problemen mit sich.


Welche Probleme sind das? Was sind die Nachteile der manuellen Qualitätskontrolle?

Zum einen ist die manuelle Qualitätskontrolle extrem ineffizient. Wenn ich zum Beispiel ein Metallteil nach der Qualität beurteilen muss, dann sieht ein Kratzer am Montagmorgen für mich anders aus als am Freitagabend. Ich werde müde, es gibt unterschiedliche Lichtverhältnisse, ich bin vielleicht besonders glücklich oder traurig und dadurch abgelenkt. Die daraus resultierenden Inkonsistenzen in der Beurteilung der Qualität sind ein Riesenproblem.

Dazu kommt, dass es gerade für kleinere Unternehmen in strukturschwächeren Gebieten sehr schwer ist, überhaupt Menschen zu finden, die diesen Job noch machen wollen. Hier in Berlin, in Hamburg, München oder Köln ist das noch nicht so gravierend, aber wenn wir aufs Land schauen, zum Beispiel nach Sachsen oder Thüringen, dann sieht es schon ganz anders aus. Die Unternehmen finden dort niemanden mehr, der diese Arbeit machen will, weil sie sehr anstrengend ist. 8 Stunden konzentriert auf ein Metallteil zu schauen ist unmöglich. Man übersieht irgendwann Fehler. Hat ein Unternehmen einmal neue Mitarbeiter gefunden, ist das Training außerdem sehr aufwändig, da die Vielzahl an möglichen Defekten nur von einem geschulten Auge gesehen werden kann.

Uns ist zusätzlich aufgefallen, dass es keine Dokumentation der Entscheidungsprozesse gibt. Wenn du heute sagst, das Metallteil ist kaputt, dann kann ich zwei Stunden später nicht mehr nachvollziehen, warum du das gesagt hast. Diese mangelnde Nachverfolgbarkeit stellt ein weiteres Problem dar und es gehen wichtige Informationen verloren, die – wenn richtig dokumentiert – für kontinuierliche Verbesserungen der Produktionsabläufe genutzt werden könnten.

Diese Aspekte haben uns gezeigt, dass es im Bereich industrielle Qualitätskontrolle eine Menge Potential für neue Lösungen gibt, und zwar vor allem am Ende der Produktionslinie. Während die Prozesse innerhalb der Produktionslinie oft schon automatisiert ablaufen, stehen am Ende fast immer Menschen, die die visuelle Inspektion durchführen und entscheiden, ob ein Produkt gut oder schlecht ist.


Eine Qualitätskontrolle mit Kameratechnik und Bildverarbeitung gibt es ja nun bereits seit einiger Zeit. Warum gibt es trotzdem noch manuelle Qualitätskontrolle?

Visuelle Kontrollen werden tatsächlich schon seit einigen Jahren mit Machine Vision durchgeführt und die Technologie funktioniert in bestimmten Anwendungsfällen auch sehr gut.

Allerdings kommt traditionelle Bildverarbeitung an ihre Grenzen, gerade dann, wenn eine hohe Variabilität der Fehler vorliegt, ein Kratzer auf Oberflächen zum Beispiel verschiedene Formen und verschiedene Farben annehmen kann oder an verschiedenen Stellen des Produkts auftreten kann.

Eine solche Varianz kann mit traditionellem Machine Vision nur bedingt abgedeckt werden, da die Algorithmen regelbasiert geschrieben werden und somit klare Regeln für einen Kratzer, wie zum Beispiel die genaue Stelle, vorher festgelegt werden müssen. Wir sehen gerade bei diesen Defekten auf Oberflächen, dass Machine Vision Systeme eine hohe Pseudofehlerrate aufweisen. Das heißt, dass die Systeme „zu scharf“ eingestellt sind und gute Produkte fälschlicherweise als defekt anzeigen, was den Ausschuss deutlich erhöht und zu hohen Folgekosten in der Produktion führt. Trotz der hohen Anschaffungskosten solcher Systeme sind diese dann im Endeffekt wirkungslos und verschlimmern den Zustand eher, anstatt die gewünschte Automatisierung der Qualitätskontrolle voranzutreiben.


Im nächsten Interview erklärt Damian, wie deevio das Problem der manuellen Qualitätskontrolle löst und was genau der Unterschied zu traditioneller Bildverarbeitung ist.

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